15. 02. 2018

Retromobile Paris: Prinzip Hoffnung

[CF] Knapp drei Wochen nach dem Saison-Auftakt der Auktionshäuser im amerikanischen Scottsdale, hatten die drei Traditionshäuser Bonhams, RM/ Sotheby´s und Artcurial in Paris anläßlich der Retromobile eine exquisite Auswahl an klassischen Fahrzeugen im Angebot. Insbesondere die etwas aus dem Rahmen fallenden und raren Fahrzeuge der Sammlung Broual, die von Artcurial am Ende der Pariser Auktionsrallye ins Bieterrennen geschickt wurden, waren die eigentliche Sensation dieser Auktionen. Zum einen handelte es sich um überwiegend stark patinierte Fahrzeuge „verstorbener“ Marken, andererseite stammten sie alle aus der Vorkriegsära, die aktuell nicht unbedingt zu den Zugpferden bei Auktionen zählen. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel und die vorgestellten Modelle von BNC, Chenard & Walcker, Ruby, Salmson, Mathis, Georges Irat, Sphinx, Donnet oder Villard stießen durchaus auf Interesse. Begünstigt wurde das durch relativ niedrich angesetzte Estimates und die Mehrzahl der Klassiker repräsentierten sehr rare Cyclecars und Rennsportwagen der 1920er Jahre. Richtig teuer wurde ein Rally Roy aus dem Jahre 1928, ein Cyclecar und Einzelstück, das für rund 101.300 Euro einen neuen Besitzer fand. Schwieriger taten sich da die Rennwagen aus der Neuzeit: Ein Porsche 962 C von 1985 und ein Maserati A6G/2000 Allemano-Zagato aus 1955 blieben stehen. Andere wie der Maserati A6 GCS Spyder (Fiandri & Malagoli), ein René Bonnet LM6 von 1963 oder der Deep Sanderson 301 von 1963 wurden zwar verkauft, blieben aber deutlich unter dem Estimate. Ein Gordini Typ 16 Formel 1 von 1952 wurde letztendlich zurückgezogen.

https://www.artcurial.com/fr/vente-3279-retromobile-2018-artcurial-motorcars

Artcurial führte die letzte Auktion durch, die nach RM/ Sotheby´s (7.2.) und Bonhams (8.2.) ab 9. Februar in zwei Durchgängen zunächst 128 Klassiker anbot und am Folgetag noch mit Motorrädern und der Sammlung Broual aufwartete. Mit rund 74 Prozent verkaufter Fahrzeuge setzte Artcurial den Schlusspunkt unter die Pariser Auktionen, bei denen insgesamt über 350 Fahrzeuge angeboten wurden. Viele Raritäten blieben diesmal ohne Besitzer, wenngleich dies wohl auch eine Folge der europäischen Gepflogenheiten geschuldet war, die anders als in Scottsdale (ohne Mindestpreise) sehr verhalten in die Bieterschlacht einstiegen. Mehr Mut als die amerikanischen Auktionen im Januar bewies Paris jedoch in Sachen Vorkriegsangebote und „Originalität“ – allein Bonhams schickte am 8.2. rund ein Drittel seiner Fahrzeuge aus dem Segment Vorkriegsfahrzeuge ins Rennen und RM/ Sotheby´s schob tags darauf 8 Vorkriegsklassiker auf die Bühne.

https://rmsothebys.com/en/home/results/2018

Gut 50% davon gehörten zur Marke Mercedes-Benz, die allesamt verkauft wurden. Für leichte Verwirrung sorgte das Abschneiden eines Iso Grifo A3/C von 1965, der wohl den prominentesten Vorbesitzer aufwies: Johnny Hallyday. Bei 1.97 Mio. Euro war Schluss, trotz zähem Bieterkampf, der bei 1.3 Mio. Euro begann und die 2 Mio. Marke nicht knacken konnte. Der Iso blieb ebenso stehen, wie ein Ferrari 166 MM Spider von 1953 der sogar Filmgeschichte mit Kirk Douglas am Steuer vorweisen konnte. Die erwartete Preisregion bis 4.0 Mio. Euro wurde nicht erreicht. Ein ähnliches Bild tags darauf bei Bonhams, die im Grand Palais 133 Fahrzeuge zur Auktion vorfuhren. Auch hier wurden etwa 76 Prozent der Fahrzeuge verkauft, nahezu ein gutes Viertel blieb stehen.

http://www.bonhams.com/auctions/24882/?category=results#/aa0=1&w0=results&m0=0

Insgesamt konnte auch in Paris der Trend von Scottsdale weiterverfolgt werden: Insgesamt nachlassende Preise und wohlüberlegte Engagements der Sammler, ein breiteres Nachfragefundament durch jüngere Käufer und unerwartete Preissprünge bei „exotischen“ Fahrzeugen und Einzelstücken. Rund drei Viertel der angebotenen Fahrzeuge wurde zwar verkauft, aber die Gebote blieben meist bei 82-84% der erwarteten Schätzwerte. Das Prinzip Hoffnung läßt sich aber bei den „originellen“ und „originalen“ Fahrzeugen feststellen. Beispiel hierfür die Sammlung van der Stappen mit vorwiegend belgischen Klassikern wie Minerva oder die Sammlung Martin Walz, die mit 20 Einzelstücken mit Vanvooren-Karosserien aufwartete. Deutlich unter den Erwartungen blieben die Superklassiker über 1 Mio. Schätzwert und die Fahrzeuge mit prominenten Vorbesitzern. Diese Fahrzeuge dürften ebenso wie reinrassige Rennwagen ihr Limit erreicht haben. Geblieben ist ein hohes Niveau bei den Verkäufen und eine höhere Wertigkeit im Sinne „vernüftiger Preise.“ Es bleibt spannend und von einer Überhitzung kann keine Rede sein. Die Vernunft hat bei den Bietern wieder die Oberhand.