10. 04. 2018

Selektives Kaufverhalten und Neoklassiker im Aufwind

[CF] Eigentlich findet jedes Auto einen Käufer – vorausgesetzt, das Angebot ist angemessen und fair. Ausschläge in die eine oder andere Richtung – z.B. durch Überangebote oder unrealistische Preisvorstellungen – straft der Markt sofort ab. Die Menschen kaufen selektiver und belohnen einzigartige Angebote von Fahrzeugen, die die Attribute Seltenheit, Leistungsstärke, historische Bedeutsamkeit und besondere Herkunft auf sich vereinen. Wenn aber der Preis nicht stimmt, dann bleibt der Wagen eben auf Auktionen stehen. So geschehen auf dem 12. Sur les Champs des Auktionshauses Artcurial am 08. April 2018 in Paris.

Artcurial Sur les Champs 12 in Paris

20 Fahrzeuge der insgesamt rund 70 angebotenen Fahrzeuge gehörten zu diesen exquisiten, raren und mit hohem Markenimage ausgezeichneten Sammlerfahrzeugen. Insgesamt konnten aber nur sieben der Edelkarossen an die Bieter verkauft werden. 13 Fahrzeuge blieben stehen, darunter ein Ferrari F40 (1989) dessen Estimate auf 750.000 bis 800.000 EUR angesetzt war. Bei 670.000 EUR stiegen die Bieter aus. Das gleiche bei einem raren Aston Martin DB6 (1968) der mit einem Estimate von 550.000 EUR bis 750.000 EUR auf die Rampe geschoben wurde. Hier lag das Höchstgebot nur bei 495.000 EUR und der Wagen wurde somit nicht verkauft. Das gleiche Schicksal erlitt ein Maserati Gibli SS (1972) mit einem Estimate zwischen 200.000 bis 250.000 EUR. Der Wagen wurde bei einem Höchstgebot von 178.000 EUR zurückgezogen. Staunend nahmen die Bieter auch das Abschneiden eines Bugatti 43 aus dem Jahre 1927 zur Kenntnis. Aufgerufen mit einem Estimate von 500.000 bis 800.000 EUR war hier das Höchstgebot 350.000 EUR und auch dieses seltene Stück ging zurück. Nimmt man die Bieterentwicklung bei den 13 nicht verkauften Fahrzeuge zur Kenntnis, dann signalisieren diese Höchstgebote das Ende der Fahnenstange was der Markt bereit ist zu bezahlen. Und der Markt ist bereit angemessene Preise für gesuchte Fahrzeuge zu bezahlen. Auch das zeigt die Auktion in Paris. Weit über dem veranschlagten Estimate wechselten ein Citroën Mehari (1973), ein Peugeot 205 GTI Griffe (1990) und ein Alpine A110 Premiere edition (2018) die Besitzer. Und diese Käufergeneration wird jünger, sucht seltene Sammlerautos und Neoklassiker zu vertretbaren Estimates. Übrigens: Aus der prognostizierten Schnäppchenjagd wurde diesmal nichts, obwohl rund 51% der Fahrzeuge mit „No-Reserve“ angeboten wurden, aber das Auktionshaus reagierte sofort, wenn die Angebote der Bieter zu tief angesetzt wurden. Abbruch und Rücknahme des Angebots war die Folge. Insgesamt wurden in Paris rund 75% der 69 angebotenen Fahrzeuge verkauft.

https://www.artcurial.com/en/sale-3790-automobiles-sur-les-champs-12

RM/ Sotheby´s in Fort Lauderdale

In der Tendenz ähnlich wie in Europa entwickelte sich der „Fahrzeug-Auftrieb“ der RM/Sotheby´s Auktion in Fort Lauderdale, die am 6. und 7. April 2018 rund 335 Automobile mit einem Gesamtwert von 25 Mio. US-Dollar angeboten hatten. Die Vernunft scheint sich auch auf dem US-Markt durchzusetzen und zwei Volkswagen Micro-Busse bekamen das gleich zu spüren. Hatte bereits im Frühjahr diese Fahrzeuggattung der T1 und T2 Busse für Preisexplosionen gesorgt, so war dies ein neuer Versuch das Preisniveau zu halten. Daraus wurde aber nichts, denn der Volkswagen Bus, 1967, angeboten für ein Estimate zwischen 45.000-55.000 US-Dollar, war bei 37.000 US-Dollar bereits an seiner Schmerzgrenze angekommen und der zweite Bulli, ein Volkswagen 23-Fenster-Bus, 1963, ging gar mit überzogenen 170.000 – 185.000 US-Dollar ins Rennen. Diese Fahrzeug wurde bei knapp 150.000 US-Dollar Höchstgebot aus dem Rennen genommen. Beide Busse blieben unverkauft und die restlichen Volkswagen Käfer Cabriolets fanden zu vollkommen normalen Marktpreise ihre neuen Besitzer. Da die Höchstgebote im Schnitt nur bei 76% der mittleren Estimates lagen, war das Überangebot dieser Auktion in allen Segmenten zu spüren. Und da nur rund 20% der 335 Autos ohne Limit angeboten wurden, blieb einiges stehen, da die restlichen 80% mit Limit das Zuschlagsgebot nicht erreichten. So betrug die Verkaufsquote lediglich 58 Prozent und der Umsatz erreichte 14,5 Mio. US-Dollar. Bemerkenswert daran war, dass das Durchschnittsalter der verkauften Fahrzeuge 46 Jahre betrug und somit die Fahrzeuge der 1960er und 1970er Jahre gut verkauft werden konnten. Darunter übrigens die europäischen Fahrzeuge, die anders als die amerikanischen Marken zuverlässigere Ergebnisse bei moderaten Schätzwerten brachten.

https://www.rmsothebys.com/en/auctions/FL18